WISSEN
ENTWICKLUNG & KONSTRUKTION

10.01.2021 | Entwicklung & Konstruktion
DER EINFLUSS DER FRÜHEN PHASEN BEI ENTWICKLUNGSPROJEKTEN - TEIL 5/5
Entwicklungsschwerpunkte identifizieren und richtig interpretieren
In dem letzten Beitrag der Wissensreihe über die frühen Phasen von Entwicklungsprojekten werden wir näher auf die Identifikation von Entwicklungsschwerpunkten eingehen. Dabei ist es neben der Analyse von Entwicklungsschwerpunkten ebenso sinnvoll Komponenten bzw. Produktmerkmale zu identifizieren, welche zugekauft werden sollten, um Entwicklungskapazitäten sinnvoll einzusetzen. Bei diesen Komponenten handelt es sich in den meisten Fällen um Komponenten, welche bereits in verschiedenster Form auf dem Markt verfügbar sind und keinen Einfluss auf den innovativen Charakter des zu entwickelnden Produktes besitzen.
Eine beliebte Methode zur Identifikation von Entwicklungsschwerpunkten ist das House of Quality. Hierbei treffen Erwartungen der Kunden auf die technische Relevanz der im Produkt geplanten Komponenten bzw. der Produktmerkmale unter Berücksichtigung der Konkurrenzprodukte. Hierdurch wird die strategische Entwicklungsrichtung verdeutlicht und der Erfolg des Produktes sowie des Entwicklungsprojektes sichergestellt.
Das House of Quality
Im ersten Schritt werden hierfür im Feld 1 die Kundenanforderungen aufgelistet. Diese müssen unabhängig voneinander sein und werden im nächsten Schritt, in Feld 2, gewichtet. Hierbei hilft die Priorisierung aus der Anforderungsliste.
Darauffolgend wird im Feld 3 ein Benchmarking durchgeführt, wodurch die Positionierung des zu entwickelnden Produktes im Vergleich zu Konkurrenzprodukten deutlich wird.
Von essenzieller Bedeutung sind die im Feld 4 einzutragenden Produktmerkmale. Aufgrund des geringen Informationsgrades in dieser Entwicklungsphase muss hierbei antizipiert werden, mit welchen technischen Merkmalen das Produkt beschrieben werden kann. Die Diskussion in der Gruppe ist hierbei meistens wichtiger als das formale Ergebnis. An dieser Stelle sei angemerkt, dass Produktmerkmale keine Anforderungen sind, sondern in der Regel technische Leistungsdaten oder auch abstraktere Merkmale wie beispielsweise das Produktdesign.
Im nächsten Schritt werden im Feld 5 die Kundenanforderungen mit den Produktmerkmalen verknüpft. Je nachdem wie sehr ein Produktmerkmal eine Kundenanforderung unterstützt, werden unterschiedliche Punkte vergeben und diese mit der Gewichtung der Anforderung multipliziert. Die Summe dieser Produkte wird spaltenweise in Feld 6 eingetragen und als QFD-Zahl bezeichnet. Hierdurch wird ersichtlich, welche Produktmerkmale oder auch Komponenten wichtiger sind.
Aufgrund von Wechselwirkungen zwischen den Produktmerkmalen wird in Feld 7, die Korrelation dieser eingetragen und verdeutlicht. Diese müssen bei der Abschließenden Diskussion beachtet werden.
Vor dieser Diskussion wird im letzten Schritt in Feld 8 die potenzielle technische Schwierigkeit bei der Umsetzung des Produktmerkmales eingetragen. Schließlich wird die technische Schwierigkeit über die QFD-Zahl in einer Matrix aufgetragen und das Ergebnis diskutiert.
Interpretation der Ergebnisse
Produktmerkmale, welche im ersten Quadranten auftauchen besitzen eine geringe Bedeutung für den Kunden und sind leicht umsetzen. Es empfiehlt sich in diesem Bereich auf bekannte Lösungen oder Komponenten zurückzugreifen.
Produktmerkmale im zweiten Quadranten sind als am kritischsten zu bewerten. Aufgrund der geringen Bedeutung für den Kunden, sollten wenig Kapazitäten verwenden werden, wobei für die Umsetzung aufgrund der technischen Schwierigkeit höhere Kapazitäten benötigt werden.
Entwicklungsschwerpunkte sollten auf die Produktmerkmale gelegt werden, welche im dritten Quadranten zu finden sind. Aufgrund der hohen technischen Schwierigkeit sowie der hohen Kundenbedeutung sind hohe Kapazitäten bei der Entwicklung vorzusehen.
Schließlich sollten bei der Umsetzung von Produktmerkmalen aus dem vierten Quadranten nicht zu viele Entwicklungskapazitäten aufgrund der geringen technischen Schwierigkeit eingeplant werden. Dennoch sollten mögliche Kosteinsparungspotenziale genutzt werden.
Abschließend besteht die Möglichkeit, mit Hilfe der in dieser Wissensreihe vorgestellten Methoden und der damit einhergehenden Intensivierung der frühen Phasen, eine deutliche Reduzierung der gesamten Entwicklungsdauer zu erreichen. Dabei sei jedoch angemerkt, dass die Anwendung der Methoden in den meisten Fällen Übung erfordert und bei der erstmaligen Anwendung Fehler unvermeidbar sind. Diese Fehler resultieren wiederum in zeit- und kostenintensiven Iterationsschleifen, weshalb empfohlen wird bei der Anwendung genügend Zeit einzuplanen.